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Touristische Erschließung des Loermund, insbesondere für Sehbehinderte

 

Der Anlass, sich mit der Wallburganlage auf dem Loermund intensiver zu beschäftigen, liegt nun schon einige Jahre zurück. Es war der Orkan Kyrill, der in der Nacht vom 18. zum 19. Januar 2007 über dem Sauerland tobte und in die Fichtenwälder Schneisen schlug. Auch etliche Fichten auf dem Loermund fielen dem Orkan zum Opfer. Sie mussten in der Folgezeit von Forstarbeitern aufgearbeitet und zu Tal geschafft werden. Bei den Rückarbeiten mit schweren Tragschleppern entstanden unwiederbringliche Schäden an den zum Teil über 2000 Jahre alten Wallanlagen. Den Forstarbeitern war nicht bewusst, dass sie auf dem Areal einer denkmalgeschützten historischen Burganlage arbeiteten.

Der Arbeitskreis für Heimatpflege im Kirchspiel Mülheim sah es als eine Pflicht an, sich für den Erhalt der Wälle und Gräben einzusetzen. Zwei Überlegungen sollten zu einer Änderung im Umgang mit diesem alten Kulturgut führen. Zunächst wollte man der heimischen Bevölkerung den historischen Wert des Bergrückens in unmittelbarer Nähe zum Dorf Sichtigvor bewusster machen. Ein anderer Gedanke war, das etwa 3 ha große Gelände durch Flächentausch und Kauf in den Besitz eines Fördervereins zu bringen, der auch zugleich die Pflege des Areals übernehmen sollte. Letzterer Plan, der den besten Schutz der Wallburg geboten hätte, scheiterte schon bald an den Kosten. Selbst beim Flächentausch wären hohe Vermessungs- und Notargebühren entstanden. Die Stadt war als Ausgleichsstockgemeinde bei der Kostenübernahme außen vor. Der Arbeitskreis für Heimatpflege regte einen Ortstermin zur Begutachtung der Schäden an.  Am 11. September 2014 fand dieses Treffen mit dem Archäologischen Amt Olpe, Frau Dr. Cichy, Prof. Baales, mit der Forstbehörde, Herr Rüther, mit dem Bürgermeister Manfred Gödde und der unteren Denkmalbehörde der Stadt, Frau Luse, und mit Vertretern des Arbeitskreises für Heimatpflege statt. Die Schäden an der Wallburganlage wurden in Augenschein genommen. In der Diskussion ging man der Frage nach, wie ein besserer Schutz des Bodendenkmals organisiert werden könnte. Prof. Baales vertrat die Ansicht, dass ein dichter Bewuchs mit Bäumen und Sträuchern der bestmögliche Schutz sei. Diese Aussage wurde von den Mitgliedern des Arbeitskreises für Heimatpflege mit einigem Befremden aufgenommen, die mit einer verbesserten Information und einer touristischen Erschließung des Bodendenkmals einen hohen Bekanntheitsgrad erreichen wollen. Die Wertschätzung durch die Bevölkerung ist für den Arbeitskreis der bessere Schutz des Bodendenkmals.

Am 17.12.2015 fand auf Einladung des Arbeitskreise für Heimatpflege eine Versammlung statt, in der über eine LEADER Bewerbung zur touristischen Gestaltung des Loermunds beraten wurde. LEADER (Akronym Liaison entre actions de développement de l’économie rurale) ist ein Förderprogramm der Europäischen Union zur Verbesserung ländlicher Strukturen. Die geplante Einrichtung und Festlegung der Kernthemen einer LEADER Region Anröchte, Erwitte, Geseke, Rüthen und Warstein 2015 bis 2020 wurde erörtert.

Die Teilnehmer der Veranstaltung Ortsheimatpfleger, Ortsvorsteherin, Kirchenvorstand, Kapellenkommission, Arbeitskreis für Heimatpflege und Vereinsring waren sich einig, die LEADER Bewerbung auf den Weg zu bringen. Die so gebildete „Arbeitsgruppe Loermund“ fasste erste konkrete Beschlüsse, um eine touristische Gestaltung des Loermunds voranzubringen. Die Erhöhung des Bekanntheitsgrades der historischen Wallanlage wurde als vordringliches Ziel erkannt, um weiteren Schäden an Wällen und Gräben vorzubeugen. Landschaftsgärtnermeister Peter Kemper stellte seine Ideen zur Gestaltung des Kapellenvorplatzes vor.

Einigkeit wurde darüber erzielt, dass man einen Projektantrag stellen will, sobald sich die LEADER Region Geseke, Anröchte, Erwitte, Rüthen, Warstein konstituiert hat.

Zwischenzeitlich wurde die Projektplanung konkretisiert:

– Überarbeitung des Serpentinenweges zum Loermund

– Gestaltung des Kapellenvorplatzes mit Tischen und Sitzgelegenheiten

– Aufstellung von Informationstafeln entlang des Weges, mit Brailleschrift u. CR-Codes versehen

– Entwicklung von im Internet abrufbaren Kurzfilmen mit unterlegtem Text

– Einbindung der Infotafeln in den Möhnetal-Radweg – GPS Track

– Aufstellen eines Bronzemodells der Wallanlage am Radweg

– Erstellung eines Finanzierungsplans

– Crowdfundingaktion mit der Volksbank Hellweg

 

Im März 2016 waren die LADER Gremien gebildet. Bei der Festlegung der Kernthemen  wurden Maßnahmen zur Förderung dörflicher Kommunikation bevorzugt.

Das bedeutete für das Projekt „Touristische Erschließung des Loermund“ eine vorläufige Zurückstellung bis zur bereits in Aussicht gestellten Novellierung der LEADER Förderung durch das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen.

Auf Anregung der Forstbehörde Rüthen und des SGV wurde der Weg des Ankaufs und des Flächentausches des Wallburggeländes ausgelotet. Am 18. April 2017 erfolgte eine Ortsbegehung durch Herrn Dr. Peter Kracht, Fachreferent SGV, Frau Mona Wehling und Herrn Eckhard Uhlenberg von der Nordrhein-Westfalen Stiftung. Die Vertreter der NRW Stiftung  konnten keine Förderzusage zum Erwerb des Geländes machen. Nur der Ankauf eines Naturschutzgebietes ist förderungswürdig, das allerdings bietet der Loermund nicht.

Am 27. Juni 2017 erfolgte auf Einladung der Unteren Denkmalbehörde eine weitere Ortsbegehung des Loermund mit dem Ziel einer Vereinbarung zur schonenden Bewirtschaftung der historischen Wallanlage. Hierzu waren insbesondere die Vertreter der Grundstückseigentümer als Ansprechpartner eingeladen worden. Zusammen mit der Forstbehörde Rüthen und dem Archäologischen Amt Olpe einigte man sich auf zwei Holzabfuhrwege, die von der Stadtverwaltung Warstein mit einem Protokoll und einer Planskizze festgehalten wurden.

Im Januar 2017 fand eine Ortsbegehung mit Frau Filomena Muraca-Schwarzer statt. Sie ist Bezirksgruppenvorsitzende des Blinden- und Sehbehindertenverein Kreis Soest. Dabei wurde überlegt, inwieweit das Projekt behindertengerecht gestaltet werden kann.

Das Konzept der Informationstafeln entlang des Serpentinenweges wurde konkretisiert.

Vom Serpentinenweg aus bietet sich eine gute Sicht über das Doppeldorf Mülheim-Sichtigvor, die Haarhöhe, den Arnsberger Wald und das Möhnetal.

Auf insgesamt 5 Tafeln auf Pultständern sollen historische Informationen über die Wallburg, die Kapelle, Schloss, Kirche, Kettenschmiede und das Dorf dargestellt werden.

8 Kurzfilme mit unterlegtem Text von 90 – 120 Sekunden Dauer wurden daraufhin produziert. Über QR-Codes auf den Tafeln sollen die weitergehenden Informationen mit einem Smartphone abgerufen werden können. Sehbehinderte gelangen mittels Blindenschrift auf den Informationstafeln zu den QR-Codes. Die Homepage des Vereinsringes bietet den Sehbehinderten auch den Text  der Informationstafeln an. Eine besondere App versprachlicht den Text, der auch die dargestellten Fotos und Skizzen beschreibt.

In den Jahren 1904 bis 1907 fanden Ausgrabungsarbeiten in der Wallburg statt. Die Grabungsfunde, Scherben und auch Metallgegenstände, sollten im Kurzfilm dargestellt werden. Hochwertige Fotoaufnahmen waren dazu erforderlich. Leider zeigte sich das Sauerlandmuseum Arnsberg wenig kooperativ und sah sich nicht in der Lage, die Fundgegenstände zugänglich zu machen. Sie lagern dort in einer Reservatenkammer. Eine Präsentation der Funde ist nicht geplant.

Im Mai 2017 konnten die Kurzfilme der Arbeitsgruppe Loermund vorgestellt werden.

Die Sprachqualität war wegen einiger Nebengeräusche zum Teil unzureichend. Eine erneute Tonaufnahme mit drei Sprechern war erforderlich.

Am 10.05.2017 wurde das Projekt dem Vorstand der LEADER-Region in Erwitte vorgetragen. Der Vorstand fasste einen sogenannten Vorratsbeschluss, da das Projekt noch nicht in die Kernthemen der LEADER Region einzuordnen war. Ein Entwurf der angekündigten Novellierung der LEADER Richtlinien sah Tourismusprojekte als förderungswürdig vor.

Im Vorfeld der LEADER Antragstellung waren Nutzungsvereinbarungen mit den öffentlichen Grundstückseigentümern abzuschließen.

Der Vereinsring übernahm die Aufgabe des Projektträgers. Die Beantragung einer Unternehmensnummer bei der Landwirtschaftskammer war erforderlich. Hintergrund dafür ist, dass die Fördermittel aus dem EU Haushalt und aus dem Landeshaushalt NRW über das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen abgerechnet werden.

Das Einholen von Angeboten zur Ausführung der Gewerke stellte sich als langwierig heraus. Gewerke bis 1.000 € erfordern ein Angebot, über 1.000 € zwei Angebote und über 10.000 €  drei Angebote. Dabei müssen Angebote vergleichbar sein, Pauschalangebote sind unzulässig, Angebotsfristen müssen erkennbar sein und vieles andere mehr.

Im Februar 2018 äußerte die Kapellenkommission in einer Versammlung der Arbeitsgruppe Loermund Bedenken bezüglich des Wegebaus mit Gittersteinen, Quarzsand usw. wie er von einem Bauingenieur vorgeschlagen worden war. Nach ausgiebiger Diskussion einigte man sich, die Planung unverändert durchzuführen. Wenige Tage später teilte die Kapellenkommission mit, dass sie die Art des Wegebaus nicht mittragen könne. Der bereits fertiggestellte Finanzierungsplan, der eine Gesamtsumme von 70.000 € vorsah, war hinfällig und musste neu konzipiert werden. Neue Angebote für einen vereinfachten Wegebau mit Schottermaterial waren einzuholen. Damit sank die Gesamtsumme des Projekts auf 40.000 €.

Am 30. Oktober 2018 konnte der Bewilligungsantrag, 10 Seiten waren auszufüllen, gestellt werden. Der Bewilligungsbescheid der Bezirksregierung Arnsberg erfolgte am 21. November 2018. Umgehend erteilte der Vereinsring jetzt die Aufträge an die günstigsten Anbieter der einzelnen Gewerke.

Zwischenzeitlich war eine Bezuschussung bei der Aktion Mensch in Bonn beantragt worden. Nach Vorlage der Planungsunterlagen und weiterer Belege wurde schließlich ein Zuschuss von 5.000 €  in Aussicht gestellt. 3.100 € konnten schließlich abgerufen werden.

Im Januar 2019 wurde zusammen mit der Volksbank Hellweg die Sammelaktion „Kalvarienberg neu gestalten“ (Crowdfunding) gestartet, um den erforderlichen Eigenanteil bei der LEADER Finanzierung stemmen zu können. Wichtig war der „Arbeitsgruppe  Loermund“ dabei, die Identifikation der Dorfbevölkerung mit der Wallburg und der Kreuzweganlage zu stärken. Die Crowdfundingaktion lief  vom 04.02.19 bis zum 03.05.19 über 90 Tage und erbrachte bei 98 Spendern eine Summe von 8.826 €.

Nach den LEADER Richtlinien dürfen die zweckgebundenen Spenden 10 % der Gesamtausgaben nicht übersteigen. Das bedeutete bei dem unerwartet hohen Spendenaufkommen eine Kürzung des LEADER Zuschusses. Das musste hingenommen werden. Die Wertschätzung der Erschließungsmaßnahme durch die Dorfbewohner war der „Arbeitsgruppe Loermund“  wichtiger als das volle Ausschöpfen der Fördergelder.

 

Im Verlauf des Frühjahrs 2019 wurden die ersten Maßnahmen umgesetzt: Tisch und Bänke wurden auf dem Kapellenvorplatz installiert und die Einfassung im Bereich des freistehenden Kreuzes mit Naturstein fertiggestellt.  Etwa gleichzeitig begann der Bildhauer Boris Sprenger aus Madfeld mit der Herstellung eines Tonmodells der Wallburg und der Kreuzweganlage. Dazu wurde die Beratung durch das Archäologischen Amt Olpe eingeholt. Prof. Baales und Frau Dr. Cichy schlugen vor, die Wallanlage so abzubilden wie sie heute vorgefunden wird. Von Ergänzungen durch eine Darstellung von Palisaden usw. rieten sie ab. Die Wallanlage ist zu unterschiedlichen Zeiten genutzt worden, hat also auch unterschiedliche Ausprägungen gehabt, die sich schwer authentisch darstellen lassen. Mitglieder der „Arbeitsgruppe Loermund“ reisten mehrfach nach Brilon –Madfeld, um mit dem Bildhauer die Darstellung zu besprechen.

Die Überarbeitung des Serpentinenweges mit Schottersteinen zog sich hin, danach erst sollten die 5 Informationstafeln mit den Pultständern aufgestellt werden.

Ende September konnte das Bronzemodell von der Glockengießerwerkstatt Petit& Edelbrock abgeholt werden und wenige Tage später auf den Natursteinunterbau aufgesetzt werden.

Die letzte Maßnahme war das Herstellen und Anbringen der Messingplatte mit den Namen der Großspender. Das war im Zusammenhang mit der Crowdfundingaktion ausgelobt worden. Danach konnte am 16. November das Projekt „Touristische Erschließung des Loermund, insbesondere für Sehbehinderte“ eingeweiht werden. Alle aktiven Mitarbeiter waren dazu eingeladen worden. Die ausgelobten kleinen Geschenke (Schlüsselanhänger und Modell der Kapelle aus Zinnguss) für die Crowdfundig-Spender wurden danach ausgegeben.